„An Klaus W. Jonas, den erstaunlichen Sammler und Bibliographen“. Thomas Mann, Rilke und die Klassische Moderne in der Sammlung Jonas
Zum 100. Jubiläum der Veröffentlichung von Thomas Manns „Zauberberg“ zeigt die Universitätsbibliothek Augsburg eine besondere Sammlung in ganzer Breite
Die virtuelle Ausstellung „An Klaus W. Jonas, den erstaunlichen Sammler und Bibliographen“ verfolgt die Lebenslinien des deutsch-amerikanischen Forscherpaares Klaus W. und Ilsedore B. Jonas, das über sieben Jahrzehnte eine einzigartige Literatursammlung zusammentrug. Die Sammlung befindet sich heute in der Universitätsbibliothek Augsburg, die sie erstmals in der ganzen Breite präsentiert und einlädt, die Literatur- und Forschungsgeschichte des 20. Jahrhunderts aus einer neuen Perspektive zu erleben.
Link zur Online-Ausstellung:
https://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/sammlung-jonas/
Im Folgenden finden Sie die Pressemitteilung der Universitätsbibliothek:
Vor hundert Jahren, im November 1924, erschien Thomas Manns epochaler Roman „Der Zauberberg“: Auf tausend Seiten gerät Hans Castorp in den Bannkreis eines Schweizer Lungensanatoriums und verlebt sieben Jahre zwischen geistreicher Konversation und den Verlockungen von Eros und Tod, bis der Erste Weltkrieg die trügerische Idylle jäh zerschlägt. Die Fragen und Impulse, die das vielgelesene und -besprochene Werk aufwirft, bleiben aktuell. Die Universitätsbibliothek Augsburg nimmt das Roman-Jubiläum zum Anlass, eine ihrer besonderen Sammlungen mit Thomas-Mann-Schwerpunkt in einer Online-Ausstellung zu präsentieren: „,An Klaus W. Jonas, den erstaunlichen Sammler und Bibliographen‘“. Thomas Mann, Rilke und die Klassische Moderne in der Sammlung Jonas.
Seit den 1950er-Jahren forschten und lehrten Klaus W. Jonas (1920-2016) und Ilsedore B. Jonas (1920-2021) in Pittsburgh gemeinsam zur deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. Im Zentrum: Thomas Mann, Rainer Maria Rilke und Zeitgenossen. Aus ihrem wissenschaftlichen und dokumentarischen Wirken entstand eine Sammlung, die mehrere tausend Bände Original- und Forschungsliteratur, ein Pressearchiv, bibliophile Buchausgaben und wertvolle Autographen sowie wissenschaftliche Korrespondenz umfasst. Die virtuelle Ausstellung ist ein Schaufenster zu dieser Sammlung.
An den „erstaunlichen Sammler und Bibliographen“
1946 skizzierte Klaus Jonas als junger Nachwuchsforscher in seinem ersten Brief an Thomas Mann das Vorhaben, eine Bibliographie zu seinem Werk anzulegen. 1955 erschien, kurz vor Thomas Manns Tod, der erste Band dieser „bibliography of criticism“. Im Vorwort lobte der Nobelpreisträger den „Bienenfleiß“ seines Bibliographen. So trug Klaus Jonas in Pionierarbeit rund 3.000 Forschungsbeiträge und Literaturkritiken aus der ganzen Welt zusammen. Im deutschsprachigen Raum wurde sie unter dem Titel „Die Thomas-Mann-Literatur“ ab 1972 zum Standardwerk ausgebaut, dessen dritter Band 1997 in enger Zusammenarbeit mit dem damaligen Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Augsburg, Helmut Koopmann, entstand.
Von Pittsburgh nach Augsburg
Der langjährigen Freundschaft und Universitätspartnerschaft zwischen dem Professorenehepaar Jonas in Pittsburgh und Prof. Helmut Koopmann in Augsburg ist es zu verdanken, dass die Sammlung ab 1989 zum Großteil als Schenkung nach Augsburg gelangte. Seit 1990 aus den USA zurück in Deutschland, engagierte sich das Ehepaar Jonas von München aus bis ins hohe Alter im Mann-Forschungsnetzwerk. 2002 gründeten die beiden die Zauberberg-Stiftung zur Förderung der Thomas-Mann-Forschung, die auch das Augsburger Ausstellungsprojekt 2024 förderte.
Eine einzigartig breit gefächerte Sammlung zu Mann, Rilke und Zeitgenossen
Auch anderen Autoren der Klassischen Moderne widmeten sich Klaus und Ilsedore Jonas ausführlich. Die Sammlung Jonas enthält daher verschiedene Autographen und einmalige Raritäten – insbesondere zu Rainer Maria Rilke, aber auch zu Hermann Hesse, Golo Mann, Gerhart Hauptmann oder Ernst Jünger. Die virtuelle Ausstellung macht diese erstmals und dauerhaft im Netz sichtbar.
Zehn Monate arbeitete Kuratorin Dr. Andrea Voß (Universitätsbibliothek Augsburg) gemeinsam mit zwei Nachwuchsforschenden an der Sammlungsschau. Sie sprachen hierzu mit Familie und Freunden der Professoren Jonas und führten Interviews mit Mann-Experten zu ausgewählten Stücken. „Ohne die Rilke-Expertise von Markus Wölfl und das große Engagement und Textgefühl von Literaturstudentin Johanna Lindermayr wäre die Ausstellung in dieser Form nicht möglich gewesen“, sagt Voß dankbar. „Auch das Team der Fotostelle hat maßgeblich zur Objektpräsentation beigetragen.“
Originale in Vitrinen
Zusätzlich zur Online-Ausstellung werden bis Jahresende 2024 in der Eingangshalle der Zentralbibliothek in vier Vitrinen einige Highlights der Sammlung präsentiert: Bekenntnisse aus der Hand Thomas Manns in einem frühen „Buddenbrooks“-Exemplar, ein originaler Rilke-Brief, Buchraritäten mit Goldprägung sowie Dokumente aus dem langen und bewegten Forscherleben der Professoren Jonas. Die begleitende Mikroausstellung kann zu den Öffnungszeiten der Universitätsbibliothek besucht werden: montags bis freitags von 8:30 bis 23:00 Uhr, samstags von 10:00 bis 21:00 Uhr und sonntags von 12:00 bis 18:00 Uhr.